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Thema: Hyundai Ioniq Hybrid (2017) (10070-mal gelesen)
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Hyundai Ioniq Hybrid (2017)

Die Hersteller haben die Plug-in-Hybride für sich entdeckt, und auch das Angebot an reinen Elektrofahrzeugen wächst beständig. Volkswagen, BMW, Mercedes, Toyota, Kia, Nissan und Renault - überall finden sich elektrisch oder teilelektrisch angetriebene Fahrzeuge im Programm. Es tut sich etwas auf dem alternativen Antriebsmarkt. Dort mischt nun auch Hyundai mit dem Ioniq mit.

Das Besondere am Ioniq ist die Möglichkeit, ihn als Vollhybrid, Plug-in-Hybrid oder auch reines Elektrofahrzeug kaufen zu können. Die Hybrid- und elektrische Variante ist bereits seit Ende 2016 erhältlich, der Plug-in-Hybrid folgt noch in diesem Jahr. Alle drei Antriebsvarianten teilen sich eine Plattform, die Karosserie unterscheidet sich nur in wenigen optischen Details. Da selbst die größere Batterie des rein elektrisch angetriebenen Ioniq platzsparend unter der Fahrgastzelle untergebracht werden konnte, muss ich als potentieller Käufer auch keine Kompromisse beim Platzangebot eingehen. In allen drei Varianten steht der gleiche Platz für die Passagiere zur Verfügung. Ich kann mich bei Hyundai also einfach für die Antriebsvariante entscheiden, die aus mobiler und ökologischer Sicht am besten zu mir passt. Das bietet so derzeit kein anderer Hersteller.

[attach=1 align=left]Ein kluger Schachzug, beim Antrieb der gefällig gestalteten Kompaktlimousine auf gleich drei mögliche Standbeine zu setzen. Während die Konkurrenten sich derzeit auf Plug-in-Hybride konzentrieren oder rein elektrisch angetriebene Fahrzeuge entwickeln, ist der koreanische Hersteller für alle Fälle gerüstet und kann schnell auf kommende Entwicklungen und Wünsche der Kunden reagieren. Zudem sammelt man so wichtige Erfahrungen in fast allen Antriebsrichtungen. Auch die Konzernschwester Kia hat übrigens ein Elektrofahrzeug, den Soul EV, und einen Vollhybriden, den Niro, im Programm. Der Ioniq teilt sich den Hybridantrieb mit dem Niro. Dieser kommt demnächst zusätzlich ebenfalls als Plug-in-Hybrid auf den Markt.

Ich konnte die Hybridvariante des Hyundai Ioniq, optisch an den blauen Zierelementen und dem im Vergleich mit dem rein elektrisch angetriebenen Ioniq nicht vollständig verschlossenen Kühlergrill zu erkennen, vierzehn Tage im März testen. Im Hybridmodell arbeitet ein 1,6 Liter Benzindirekteinspritzer mit Atkinson-Zyklus mit 77 kW (105 PS) im Verbund mit einem 32 kW leistenden Elektromotor. Das System leistet kombiniert 104 kW (141 PS). Der Verbrennungsmotor der Kappa-Reihe arbeitet mit einem sehr guten thermischen Wirkungsgrad von 40 Prozent. Nicht unerwähnt soll bleiben, dass der hier verwendete Benzindirekteinspritzer (Gasoline Direct Injection, GDI) im Fahrbetrieb auch für Partikelemissionen sorgt, welche sich aber im gesetzlich vorgegebenen Rahmen für die Euro 6-Norm bewegen. Die Lithium-Polymer-Akkus mit 1,56 kWh Kapazität sind ebenfalls wie beim Konkurrenten Toyota Prius unter der Rücksitzbank untergebracht. Das sorgt für ausreichend Platz im Innen- und Gepäckraum.

Der Ioniq ist eine gefällig gestaltete Fließhecklimousine mit nicht ganz 4,5 m Länge. Angst vor engen Parkhäusern muss man nicht haben, der Hyundai ist trotz des langen Radstandes von 2,7 m kein übermäßig großes Fahrzeug und der Wendekreis von 10,6 m fällt nicht negativ auf. Die Übersichtlichkeit nach vorne geht in Ordnung, nach hinten wird es jedoch etwas unübersichtlich, auch wegen der stark abfallenden Dachlinie. Zu den breiten C-Säulen ohne zusätzliche Dreiecksfenster gesellt sich dann noch eine geteilte Heckscheibe, deren unterer Sichtbereich zudem seitlich eingeschränkt ist. Eine Rückfahrkamera und die Einparkhilfe hinten ist für alle drei Ausstattungslinien Serie, die Einparkhilfe vorne gibt es nur für die höchste Ausstattungslinie Premium. Diese Hilfen mildern das Problem mit der mangelnden Übersichtlichkeit nach hinten aber etwas ab.

Die Ledersitze der getesteten Premium-Ausstattung haben mir weniger gut gefallen. Sie waren mir etwas zu hart und unnachgiebig. Das ist aber ein sehr subjektives Ding, Interessenten sollten unbedingt bei einer ausgedehnten Probefahrt ausprobieren, ob die Sitze nur zu meinem Rücken inkompatibel sind.

Das Platzangebot im Innenraum stellt selbst Großgewachsenen vorne ausreichend Luft und Raum zur Verfügung. Ich mit meinen 1,86 m Körpergröße fühlte mich im Ioniq zumindest vorne nicht eingeengt. Das Lenkrad steht selbst bis zum Anschlag nach vorne geschoben immer noch recht weit im Fahrgastraum, was bedeutet, dass selbst nicht zu große Fahrer mit dem Vordersitz weit nach hinten müssen. Das schränkt den dortigen Fußraum doch etwas ein. Hinten wird es zudem beim Einsteigen wegen der bereits erwähnten tiefen Dachlinie ein wenig knapp.

Etwas über 440 Liter fasst der gut nutzbare Kofferraum des Hyundai Ioniq Hybrid, eine im Verhältnis 60:40 geteilt umlegbare Rückbank bietet weitere Reserven. Dann stört allerdings eine kleine Stufe beim Durchladen. Die Heckklappe ist dagegen nicht im Weg, sie öffnet sehr weit. Keine Gefahr also, sich den Kopf zu stoßen, auch nicht mit fast 1,90 m Körpergröße. Was der Heckklappe jedoch fehlt, ist ein Knöpfchen des Smart Key Systems. Obwohl mein Testwagen mit einem solchen System ausgestattet war, ließ sich das Fahrzeug an der Heckklappe weder entsperren noch verschließen.

Die Qualität der im Innenraum eingesetzten Materialien hinterlässt bei mir einen gemischten Eindruck. Die Verarbeitungsqualität ist zunächst über jeden Zweifel erhaben, die Spaltmaße sind in Ordnung, jegliches Klappern ist dem Ioniq auch auf noch so schlechtem Untergrund völlig fremd. Die Bedienelemente in der Mittelkonsole sind haptisch wirklich toll, sie wirken wie aus Vollmetall und fühlen sich stabil und unzerstörbar an. Die Schalter der Fensterheber in den Türen sowie die am Lenkrad dagegen schmälern diesen tollen Eindruck etwas. Dieser unglückliche Mix setzt sich im Innenraum leider fort: Die Narbung des Armaturenbrettes soll vermutlich optisch positiv hervorstechen, ist aber zusammen mit dem dort verwendeten Material derart unglücklich gewählt, dass sich die Kombination letztendlich fast wie Gummi anfühlt.

[attach=2 align=right]Hartplastik findet sich an den vorderen Türverkleidungen und der Mittelkonsole jeweils im unteren Bereich, hinten besteht die Türverkleidung bis auf die Armauflage komplett aus diesem Material. Das ist aber vermutlich der Preisgestaltung des Hyundai Ioniq Hybrid geschuldet, der in Vollausstattung samt beheizten und belüfteten Ledersitzen rund 3.700 Euro unter einem vollausgestatteten Toyota Prius liegt und damit preislich sehr attraktiv daher kommt. Da muss man Abstriche an der einen oder anderen Stelle einfach in Kauf nehmen. Und außerdem: Das machen viele andere Hersteller auch nicht besser.

Ablagen gibt es reichlich, die beiden Cupholder in der Mittelkonsole sind gut erreichbar und ausreichend dimensioniert. USB-Anschlüsse dagegen sind Mangelware, lediglich zwei werden angeboten, wovon der in der Mittelarmlehne sogar nur Strom liefert und keine Musikwiedergabe ermöglicht. Die hinteren Passagiere müssen sogar gänzlich auf USB-Anschlüsse verzichten. Der von mir getestete Ioniq Hybrid in der Premium-Ausstattung ist mit einem Infinity-Soundsystem ausgestattet, welches sehr hell und klar klingt und trotz des Subwoofers im Kofferraum etwas Bass vermissen lässt. Es ist gewiss nicht schlecht, aber da ist noch etwas Luft nach oben.

Die Anzeigen im Cockpit sind stets gut ablesbar und ohne Schnörkeleien gestaltet. Den mittigen Tacho ziert im normalen und ECO-Fahrmodus mittig die Restreichweitenanzeige, rechts daneben werden Zusatzinformationen dargestellt, zum Beispiel die Energieflussanzeige, der Trip-Computer und die Motortemperatur. Weiterhin können dort Navigationshinweise, Statusanzeigen der Assistenzsysteme oder Multimediainhalte angezeigt werden. Ganz rechts ist der Ladezustand der Hybridbattere jederzeit abzulesen. Links neben dem Tacho befindet sich eine Anzeige, welche darlegt, wie stark man gerade rekuperiert oder ob man den Wagen noch im ECO- oder schon im Power-Bereich bewegt. Im Sportmodus wechselt der Tacho zu einem roten Drehzahlmesser, die gefahrene Geschwindigkeit wird dann statt der Restreichweite mittig abgebildet. Das wirkt soweit alles durchdacht und einfach in der Bedienung. Leider fehlen aber auch ein paar für Sparfüchse wichtige Informationen, zum Beispiel eine Erklärung der erreichten Punkte beim ECO-Niveau oder vernünftig skalierte Verbrauchsbalken bei der großen Kraftstoffverbrauchsanzeige, wo Balken für den durchschnittlichen Kraftstoffverbrauch von bis zu 30 Litern auf 100 Kilometer dargestellt werden können, aber nie werden, weil man mehr als 10 Liter auf 100 Kilometer im Durchschnitt sowieso nicht erreicht - zum Glück!

Kommen wir aber endlich zum Fahreindruck. Elektro- und Verbrennungsmotor des Ioniq Hybrid verbindet ein konzernweit eingesetztes, aber für Hybridantriebe überarbeitetes sechsstufiges Doppelkupplungsgetriebe (DCT). Dies macht seine Sache grundsätzlich gut und schaltet in der Regel sauber rauf und runter. Selbst im rein elektrischen Fahrbetrieb wird, dem grundsätzlichen Aufbau des Antriebssystems geschuldet, das Doppelkupplungsgetriebe zum Schalten verwendet. Auffällig ist, dass es im reinen EV-Betrieb bedeutend komfortabler und gelassener zu Werke geht als im Hybridmodus, wenn je nach Fahrsituation der Elektro- und der Verbrennungsmotor gleichzeitig oder im steten Wechsel für Vortrieb sorgen.

Es gibt aber auch Situationen, in welchen mir dieses Getriebe gar nicht gefällt. Bei kaltem Fahrzeugzustand, wenn der Benzinmotor auf jeden Fall laufen muss, um Alles auf Betriebstemperatur zu bringen, verhält sich das DCT ziemlich bockig und quittiert Schaltvorgänge mit heftigem Ruckeln. Das gibt sich nach ein paar Hundert Metern, ist aber sehr auffällig und störend. Im Stadtverkehr fällt noch auf, dass ein langsames Losschleichen nach dem Stand kaum möglich ist, weil das Getriebe scheinbar willkürlich gegen die Bremse arbeitet - oder auch nicht. Es ist nicht vorhersehbar, ob man beim Loslassen der Bremse sofort langsam los rollt oder erst noch einige Sekunden stehen bleibt. Bei diesem scheinbar zufälligen Verhalten des Ioniq muss Hyundai unbedingt nachbessern!

[attach=3 align=left]Lediglich bei sehr verhaltenem Beschleunigen bleiben Schaltvorgänge des automatischen Getriebes absolut ruckfrei. Sobald man sich dem heutzutage hektischen Verkehrsfluss anpasst, spürt man Gangwechsel durchaus. Das ist nicht schlimm, aber eben ein anderes Fahrgefühl, als es die meisten Vollhybridfahrzeuge mit stufenlosen Getrieben bieten. Besonders bei hohen Tempi und sportlichem Fahrstil spürt man deutlich wie das DCT arbeitet. Den Kickdown quittiert das Getriebe mit einer Gedenksekunde, bevor es auch mal zwei Gänge runter schaltet. Dabei verstreicht dann wertvolle Zeit. Auch wenn ein Doppelkupplungsgetriebe in die heutige Zeit passt, ich habe mir im Ioniq Hybrid ein ums andere Mal ein angenehmer und sanfter arbeitendes Getriebe gewünscht.

Passend zur modernen, gut gelungenen Karosserie, die sich erfolgreich den biederen Charme der Golf-Klasse verkneift, klingt der Verbrennungsmotor im Ioniq durchaus sportlich. Bei Lastanforderung klingt er meist kernig, manchmal aber auch etwas zu sehr bemüht. Das ist ein akustisches Problem, mit welchem man sich arrangieren können muss. Trotz des Sounds ist der Ioniq Hybrid selbst im - per Gangwahlhebel anwählbaren - Sportmodus, welcher die Schaltzeitpunkte des Getriebes ändert und eine höhere Energieentnahme aus der Hybridbatterie und damit einen gesteigerten elektrischen Boost erlaubt, alles andere als ein wirklich sportives Fahrzeug, auch wenn er sich akustisch um diesen Eindruck bemüht. Die Beschleunigungswerte reichen für den Alltag aus, ambitionierte Fahrer werden aber ein paar Pferdestärken vermissen.

Leider mag der Ioniq Hybrid das rein elektrische Fahren nicht so gerne, wie ich mir das gewünscht hätte. Im EV-Modus - den man nur mit dem Gaspedal erzwingen kann - anzufahren, ist nicht leicht. Das gelingt leider nur selten. Wie zum Ausgleich kann man die Rekuperation dagegen prima beeinflussen. Es reicht, den Fuß nur sachte auf das Bremspedal zu legen, um deutlich mehr Bremsenergie zurück zu gewinnen, als dies beim normalen Ausrollen der Fall ist. Da so fast keine Bremswirkung erzielt wird, bleiben auch die Bremslichter aus. Da hat Hyundai gut mitgedacht. Dennoch ist der Ioniq als Vollhybrid lieber mit dem Verbrenner unterwegs als mit dem Elektromotor als alleinige Antriebsquelle. Und das ist schade.

Ist der Ioniq Hybrid denn nun eine gute Wahl, oder ist der rein elektrisch angetriebene Koreaner vorzuziehen? Es wird spannend zu beobachten, ob sich Hyundai mit den drei möglichen Antriebssystemen des Ioniq nicht selbst Konkurrenz innerhalb der Modellreihe geschaffen hat. Reichweitenängste muss man mit dem Hybrid natürlich nicht haben, man kann ja jederzeit ganz wie gewohnt nachtanken. Das Problem des Ioniq Hybrid ist sein Doppelkupplungsgetriebe, welches den Motor selbst beim normalen Beschleunigen dazu zwingt, immer wieder mit hohen Drehzahlen zu arbeiten, worunter letztendlich das Geräuschniveau im Innenraum leidet. Auch den Übergang zwischen dem Verbrenner- und dem rein elektrischen Antrieb meistert der Ioniq Hybrid nicht immer souverän. Diese Wechsel der Antriebsquelle sind meist spürbar.

Auch wenn das Gesamtpaket stimmig, die Ausstattung unter anderem mit Navigation, modernen Assistenzsystemen, gut die Fahrbahn ausleuchtenden Bi-Xenon-Scheinwerfern und radargestütztem Abstandstempomat umfangreich und das Platzangebot auf allen Sitzplätzen und im Gepäckabteil gut ist, ein konsequent auf Effizienz und Fahrkomfort getrimmtes Hybridfahrzeug ist der Hyundai Ioniq leider nicht. Unter 5 Liter auf 100 Kilometer war er nicht zu bewegen. In meinen vierzehn Tagen und knapp 750 zurückgelegten Testkilometern standen Durchschnittswerte zwischen 5,2 und 5,5 Litern Benzin auf 100 Kilometer im Bordcomputer. Hyundai gibt für den Ioniq Hybrid Premium einen kombinierten Durchschnittsverbrauch von 3,9 Litern Benzin auf 100 Kilometer an. Gut ist, dass selbst Autobahnetappen mit Geschwindigkeiten um die 160 km/h den Verbrauch nicht eklatant in die Höhe treiben. Schlecht ist, dass ich es einfach nicht schaffte, den Verbrauch wenigstens einmal unter 5 Liter auf 100 Kilometer zu drücken.

Das Fazit

Der Hyundai Ioniq Hybrid ist ein preislich attraktives, sehr gut ausgestattetes Vollhybridfahrzeug mit Schwächen bei den verwendeten Materialien und beim Fahrkomfort. Allerdings gibt es mit dem Ioniq Plug-in-Hybrid und dem Ioniq Elektro gleich zwei sehr interessante Alternativen innerhalb der Modellreihe, welche die grundsätzlichen, alle Modelle übergreifenden Vorzüge des Koreaners mit noch effizienteren und umweltfreundlicheren Antriebsarten kombinieren. Wer die Wahl hat…

Weitere Fotos

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Vielen Dank an Hyundai Deutschland für die Bereitstellung des Testfahrzeuges.

Antw.: Hyundai Ioniq Hybrid (2017)

Antwort Nr. 1
Was ich an den Ioniq Hybrid nur vermisse (was wir Toyota Fahrer besonders sehr kennen) das man Modus auswählen kann, besonders das man kein rein EV Modus hat :(

 

Antw.: Hyundai Ioniq Hybrid (2017)

Antwort Nr. 2
Das habe ich bis jetzt übersehen  :-/ danke @Jorin  :applaus: