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Thema: Autonomes Fahren (38885-mal gelesen)
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Antw.: Autonomes Fahren

Antwort Nr. 150
Die mittleren Distanzen zwischen sicherheitsrelevanten Eingriffen der Testfahrer liegen auch bei Googles bzw. Waymos Autos derzeit gemäß der Selbstberichte dieser Firmen im Bereich weniger tausend Kilometer. Das ist von wirklich gut fahren noch meilenweit entfernt. Ich nehme an, dass niemandem hier so regelmäßig ins Lenkrad gegriffen werden muss. Die bislang von diesen Autos zurückgelegten Teststrecken liegen um etliche Größenordnungen unterhalb der Abschätzungen in der Fachliteratur für die erforderlichen Testdistanzen, welche zwischen einigen Zehner Millionen Kilometern und gar einigen Zehner Milliarden Kilometer für die Validation durch traditionelles "Freifahren" liegen. Im Falle von Google/Waymo kommen zu den physischen Testkilometern zwar noch vielmals so viele virtuelle Testkilometer in Simulationen hinzu, aber die in der Praxis erforderliche Eingriffshäufigkeit entwirft trotzdem ein Bild noch unzureichender Funktionssicherheit.

Antw.: Autonomes Fahren

Antwort Nr. 151
Ich sehe jeden Tag zig Autofahrer, denen eigentlich jemand ins Lenkrad greifen müsste. Das machen dann meistens die anderen Verkehrsteilnehmer, die dann die Sitzuation entschärfen. ;D

Kennst du eine genauere Quelle, bei welchen Situationen das verhäuft auftritt? Würde mich mal interessien, ob das irgendwelche Random Occurrences, oder Fehler anderer sind, die einen Eingriff erfordern.

Antw.: Autonomes Fahren

Antwort Nr. 152
Als häufigste Ursache wird in den Selbstberichten mit gut einem Drittel "perception discrepancy" genannt, also dass der Testfahrer etwas wahrgenommen hat, was das Computer-Vision-System (so) nicht gesehen hat. Quelle kann ich gern morgen nachtragen. Habe ich im Büro, hier auf dem Smartphone macht Recherche nicht gar so viel Spaß.

P.S. Hier nun die angekündigte Quelle sowie eine Korrektur angesichts der nunmehr vorliegenden Zahlen für das Jahr 2017: Den Selbstbericht von Waymo für 2017 findet ihr unter https://www.dmv.ca.gov/portal/wcm/connect/42aff875-7ab1-4115-a72a-97f6f24b23cc/Waymofull.pdf?MOD=AJPERES . Im Gegensatz zu 2016 ist "perception discrepancy" allerdings nicht mehr als häufigste Ursache für eine manuelle Abschaltung der automatischen Fahrfunkton genannt, sondern "unwanted maneuver of the vehicle". Dies bezeichnet eine Notabschaltung aufgrund Einleitung eines dem Testpiloten unsachgemäß erscheinenden Fahrmanövers. Laut Bericht 2017 ist "perception discrepancy" nur noch in 16 von 63 Fällen (also gut 25%) die benannte Ursache für eine Abschaltung, "unwanted maneuver of the vehicle" hingegen in 19 von 63 (gut 30%), wobei die Trennung zwischen diesen an verschiedenen Stufen einer Wirkkette liegenden Fallgruppen natürlich nicht eindeutig vornehmbar ist.

Den Verweis auf die US-Waffenopfer brachte ich übrigens nicht von ungefähr. Er ist Ausdruck einer transatlantisch unterschiedlichen Haltung in gesellschaftlichen Aushandlungsprozessen um die Inkaufnahme von Opfern durch Technologien. Während in Europa die Inkaufnahme zusätzlicher Unfallopfer für einen Komfortgewinn aus automatisiertem Fahren weithin als nicht diskutabel gilt -ein nachweisbarer Sicherheitsgewinn mithin eine Vorbedingung für die Einführung automatisierter Fahrfunktionen wäre-, sind derartige Abwägungen zwischen Opferzahlen und individuellem Nutzen in den USA sehr wohl gesellschaftlich verhandelbar. 

Antw.: Autonomes Fahren

Antwort Nr. 153
Ok, die unwanted maneuver- Quote ist da tatsächlich noch etwas hoch. Ich muss. mir das mal genauer ansehen bei Gelegenheit. Ich vergleiche das immer mit dem täglichen Straßenbild und da sehe ich auch jede Menge unwanted actions. Ist die Maschine besser als der Mensch, ist da für mich die Frage. Aber ich stimme schon zu, dass da noch mehr am System gefeilt werden muss.

Was den Vergleich angeht, wir leben in einem Land, welches Volksvergiftung durch Abgasbetrug billigt und zum Teil sogar patriotisiert. Welche gesundheitlichen Folgen das für Leute in Ballungsräumen hat, lässt sich aktuell nur erahnen.
Ist zumindest gut für die Rentenkasse, wenn die Menschen nicht so alt werden, wie sie könnten ;D

Ich seh da gerade jedenfalls nicht, dass wir uns diesen moral high ground leisten können.

Antw.: Autonomes Fahren

Antwort Nr. 154
Erinnert mich an die Blümsche Rentenreform ... ab dem Jahr X dürfen Rentner bei Rot über die Ampel, 2 Jahre später müssen sie  ;D  ;D

Antw.: Autonomes Fahren

Antwort Nr. 155
@MGLX Das hat für mich nichts mit einem moral high ground zu tun, sondern ist eine Beobachtung, welche wichtig für das Verständnis unterschiedlicher Entwicklungstendenzen auf den beiden Seiten des großen Teichs ist. Vernachlässigt man diese kontextuellen Unterschiede, so kommt man schnell zu falschen Schlussfolgerungen sowohl bzgl. des relativen Stands der europäischen Forschung gegenüber der amerikanischen als auch bzgl. einer scheinbar aus entsprechenden gesetzgeberischen Maßnahmen sprechenden behördlichen Einschätzung der Reife der Technologie. Wer hier moralisch eher im Recht ist mag ich bzgl. hochautomatisierten Fahrens nicht abschließend entscheiden (bei den Waffen hingegen scheint mir die Sache recht evident). Verantwortungsethisch ist es nämlich eine schwierige Frage, ob eine Technologie (oder auch ein Medikament...) aufgrund plausibler Erwartungen bereits vor ihrer rigorosen Validierung ins Feld entlassen werden darf.

Antw.: Autonomes Fahren

Antwort Nr. 156
Aber von Waffengesetzen alleine darauf zu schließen, wie willig die Amerikaner sind, Leute zu gefährden, erschließt sich mir trotzdem nicht. Das Tragen von Waffen hat dort hinten einen ganz anderen Stellenwert, ist eins der Grundrechte eines Amerikaners, verknüpft mit einer ebenso großen Lobby und ebenso vielen Kritikern auch im eigenen Lande.

Wir dürfen an dieser Stelle nicht vergessen, dass wir es den Amis, und gerade Kalifornien verdanken, dass sich hier so langsam überhaupt mal was bewegt. Der Dieselgate hat hier eine regelrechte Lawine losgetreten. Ich glaube auch nicht, dass das Thema irgendeinen in Texas interessiert.

Naja, wie auch immer. Das muss ja nicht wieder in einer Grundsatzdiskussion endrn.
Ich sehe das Gesetz weniger kritisch. Das Gesetz kann auch viel in Bewegung bringen. Mit der Freigabe sind unter Umständen ein neuer Ansporn und neue Optionen vorhanden, die Technik voranzutreiben. Technik, die wir unter Umständen irgendwann importieren, statt selbst diejenigen zu sein, die sie exportieren.


Antw.: Autonomes Fahren

Antwort Nr. 158
Zitat
Update 19.3.2018, 18.33 Uhr: Die Fußgängerin habe die Straße abseits eines gekennzeichneten Überwegs überquert, als sie von dem Uber-Wagen getroffen wurde, schilderte eine Sprecherin der Polizei in Tempe gegenüber Bloomberg. Die Verkehrssicherheitsbehörde National Transportation Safety Board habe ein Untersuchungsteam nach Tempe geschickt.

 :icon_nixweiss:

Der Typ im Auto hat ja auch nichts gemacht. Wäre das einem normalen Autofahrer passiert, stünde das maximal in den Lokalnachrichten.

 

Antw.: Autonomes Fahren

Antwort Nr. 159
Wobei die Menschen im Einzugsgebiet der Lokalnachrichten täglich ein Vielfaches der Strecke zurücklegen, die sämtliche Ubers weltweit bislang geschafft haben. Insofern stimmt die Relation.
Wusstet ihr übrigens, dass die Insassen von autonomen Ubers eine weitgehende Abtretung ihrer Klagerechte im Schadensfall unterzeichnen? Sie unterwerfen die Durchsetzung ihrer Rechte einer außergerichtlichen "forced arbitration", bei der Uber den Arbitrator bestellt, anstelle öffentlicher Gerichtsprozesse. Natürlich gut verborgen in langen Nutzungsbedingungen mit einfachem "I accept". Dies soll das Öffentlichwerden von Personenschäden weitgehend unterdrücken. Klappt natürlich nur bei Insassen. Kreuzende Fußgänger sind schwerlich zum Unterzeichnen von Nutzungsbedingungen zu bewegen.

Antw.: Autonomes Fahren

Antwort Nr. 160
Bei dem amerikanischen Rechtsystem und eingedenk wie "klagewütig" die Amis sind auch kein Wunder, oder?

Antw.: Autonomes Fahren

Antwort Nr. 161
Macht die Sache zwar auch nicht viel besser, aber immerhin:

Selbstfahrendes Auto: Uber bei tödlichem Unfall womöglich schuldlos

Zitat
In Arizona ist eine Fußgängerin von einem Uber-Testwagen erfasst und getötet worden. Nach Sichtung eines Videos aus dem Roboterauto sagt die Polizei: Auch ein Fahrer hätte das Unglück wohl nicht verhindern können.

Antw.: Autonomes Fahren

Antwort Nr. 162
Nach unserem Verkehrsrecht würde man wohl "nicht angepasste Geschwindigkeit" attestieren. Sowohl in Bezug auf die Streckenbeschränkungen (der Wagen fuhr 64km/h an einer Stelle, an der lediglich 56km/h erlaubt ist) als auch in Bezug auf die Leuchtweite der Scheinwerfer ("Frau trat unmittelbar aus einem Schatten"). Ich halte es demnach für eine gewagte Interpretation, aus der Aussage "auch ein Fahrer hätte das Unglück wohl nicht verhindern können" auf Schuldlosigkeit zu schließen.

Antw.: Autonomes Fahren

Antwort Nr. 163
Bei tiefstehender Sonne sind es zum Teil echt extreme Sichverhältnisse.

Wie kann ein autonomes Fahrzeug zu schnell unterwegs sein? Wo kommt die Angabe her? GPS oder Tacho oder gemessen Bremsspuren?

Mir ist mal in einem Gewerbegebiet ohne Wohnhäuser am Samstag vor einem weitläufigen Firmengelände zwischen parkenden Autos ein Kind vors Auto gelaufen. Zum Glück nichts passiert, aber wie angepasst soll man da fahren? Mit Schrittgeschwindigkeit auf einer breiten Straße im Nirgendwo? ;D

Das ist ein gutes Thema für "Zu schnell, zu langsam, gerade richtig".

Sollte das Fahrzeug allerdings falsch konfiguriert sein und trotz der Verhältnisse auch noch zu schnell unterwegs gewesen sein, dann war der Schritt, den Einsatz vorläufig zu stoppen meiner Ansicht nach korrekt.

Antw.: Autonomes Fahren

Antwort Nr. 164
Dass das autonome Fahrzeug zu schnell war, ist wahrscheinlich seinem eigenen Log (a.k.a. black Box) entnommen, welches neben GPS hochgenaue Odometrie nutzt. Daran dürften also kaum Zweifel bestehen. Und ja, das sollte einem autonomen Fahrzeug nicht passieren.
P.S. Auswertbare Bremsspuren gab es wohl nicht, da das Fahrzeug ersten Auswertungen zufolge nicht gebremst hat.
P.P.S. Meine mit der Sicherheit autonomen Fahrens befassten amerikanischen Kollegen sind durchgängig entsetzt über die Aufnahme der forced Arbitration in den in Verabschiedung befindlichen AV Start Act.