Es ist mal wieder Zeit für ein bisschen Text.

Ich hatte heute die Gelegenheit, für ein bisschen einen Prius 3 Plugin Tec-Edition zu fahren und dachte mir, ich teile meinen Eindruck, vor allem auch mit dem Hintergrund, dass ich seit zwei Jahren und ca. 40.000km einen Prius 3 VFL fahre und somit einen guten Vergleich zwischen den beiden Antrieben - so ähnlich und doch so unterschiedlich sie sein mögen - ziehen kann.
Mein derzeitiger treuer Begleiter in fast allen verkehrstechnischen Lebenslagen ist ein Prius 3 VFL Executive, BJ 2011 und für alle, die meine sonstigen Erfahrungen noch nicht gelesen haben, handelt es sich in meinen Augen um ein sehr solides Fahrzeug mit hevorragendem Antrieb und Haltbarkeit. Nicht ohne Schwächen, aber meiner Ansicht nach überwiegen die Stärken des Antriebskonzepts.
Überblick:Gegenstand der Probefahrt war ein Prius 3 Plugin in der Tec-Edition, also der höchsten Ausstattungsvariante, ähnlich Executive, vollgepackt mit kleinen Nettigkeiten, die meine Version nicht zu bieten hat. Die ,,interessante" Farbe, welches an ausgebleichtes Babyblau erinnert, nennt sich laut Prospekt Stromblau (8W1).
Wer den Prius 3 kennt, kennt eigentlich auch den P3 Plugin. Toyota ging allerdings einen merkwürdigen Weg, um die beiden optisch voneinander zu unterscheiden. Angeboten wird der Prius in eher helleren Farbtönen und einige Designelemente, wie zum Beispiel eine Leiste vorne in der Schürze, die Türgriffe und eine Leiste am Heck werden silbern lackiert hervorgehoben. Meines Erachtens hätte die Leiste am Heck gereicht. So sieht der Wagen ein wenig aus wie das typische Discountermöbelstück kurz nach der Jahrtausendwende, welches mit hellem Holz und silbern lackierten Applikationen in der Regel weder Stil noch Schönheit bewies. Das Plastik im inneren der Frontscheinwerfer ist bläulich unterlegt und die kleinen Hybrid-Labels sind optisch mit einem angedeuteten Stecker erweitert, so auch am Stromtankdeckel, welcher sich auf der europäischen Tankseite befindet, während der Benzin-Tankstutzen weiterhin links zu finden ist, wo er sich bei jedem Prius bisher befand.
Die Innenraumausstattung war mit einer Kombination aus hellem Echtleder und Lederimitaten bestückt, was in der Verbindung mit dem hellen Blauton der Wagenlackierung schon sehr gewöhnungsbedürftig aussieht.
Als Unterschied zum Vorfacelift befindet sich nun eine neuere Version des Infotainments mit DAB und serienmäßiger Unterstützung für MP3-Wiedergabe via USB-Stick an Board. Auch an die Freunde des kalifornischen Lifestyle-Unternehmens wurde gedacht, aber den Ipod-Link konnte ich mangels Ipod und Interesse nicht testen. Ebenfalls ist das JBL-Soundsystem und das große Navigationssystem Toyota Touch Pro dabei.
Auch der ,,Taschenrechner"-Screen neben der Geschwindigkeitsanzeige ist nun hochauflösender und an die Unterschiede des Plugin-Antriebskonzepts angepasst. Neu ist zum einen die Reichweiten-Anzeige, je nach Modus ein veränderter Eco-Balken, Infos für den radargestützte Tempomat und zu guter Letzt noch eine Einblendung für den zurückgelegten EV-Anteil und beim Abschalten des Systems einen kurzen Überblick über die Verbrauchsdaten des letzten Trips.
Der Abstandstempomat funktionierte im Test auch problemlos, lediglich die Tatsache, dass er sich bei jeder Zustandsänderung im Taschenrechner-Screen einblendet, so dass man wieder per Displaytaste zu seiner gewünschten Infoanzeige zurückkehren will, nervt.
Nun denn, nur im Auto zu sitzen ist langweilig, also raus auf die Straße... zu winterlichen Umgebungstemperaturen von 4°C und niederrheinischen Schmuddelwetter.
Ich bekam den Wagen mit einer Restreichweite von 5,4km Akkukapazität, was also nicht besonders viel ist. Außerdem startete der Wagen erst mal genüsslich den Motor um eine Warmlaufphase durchzuführen. Soviel zum Thema Emissionslosigkeit in urbanen Gefilden. Ich hatte leider nicht genug Zeit um das näher zu ergründen, ob es sich auch wie beim normalen Prius unterbinden lässt.
Im Gegensatz zu diesem bietet die Steckervariante außerdem noch einige Unterschiede bei den Wahlmodi.
Die drei Wahltasten EV-Mode, ECO-Mode und Power-Mode sind nun den folgenden drei Derivaten gewichen:
EV <> HV:Hier schaltet man zwischen dem Hybridmodus, den man schon aus dem normalen Prius kennt und dem neuen erweiterten EV-Modus um. In letzterem kann der Prius nun bis 85km/h rein elektrisch fahren und auch vollelektrisch beschleunigen, ohne das friedliche Miteinander auf der Straße zu stören. Hierbei verschwindet im ECO-Balken die Mitteltrennung und ab sofort fährt man bis zum kleinen PWR-Bereich ausschließlich elektrisch. Ebenfalls wird in der B-Stellung des Getriebes statt der Motorbremse eine höhere Rekuperationsstufe gewählt, was ich an einigen Stellen durchaus praktisch empfand und in meinen Augen aus mehr Sinn als die Motorbremse macht.
Eco-Mode:Nichts Neues. Funktionsweise ist wie beim steckerlosen Pendant. Die Kennlinie des Gaspedals wird angepasst um homogeneres Fahren zu erleichtern und die Leistung der Heizung und Klimaanlage wird reduziert.
EV-City:Auch dieser Fahrmodus ist neu. Er funktioniert ähnlich wie der Eco-Mode und soll einem im EV-Modus erleichtern, das Einschalten des Verbrenners in der Stadt zu vermeiden. Diesen Modus konnte ich aufgrund meiner Route nicht sinnvoll testen.
Fahren, EV-Reichweite, Verbrauch:Der P3 Plugin hat im Gegensatz zu seinen Artgenossen keinen richtigen Chargemodus im Normalbetrieb. Das heißt, man kann mit dem Verbrennungsmotor nicht die Reichweite erhöhen, was erstens ziemlich unwirtschaftlich wäre und zweitens bei dem sehr effizienten Vollhybridantrieb HSD überhaupt nicht notwendig ist. Aber was passiert genau im Hybridmodus?
Ursprünglich dachte ich, der Wagen verhält sich wie ein normaler Prius, nur mit Größerem Akku und genau hier befindet sich der Irrtum. Im Hybridmodus wird die elektrische Restreichweite quasi vom System eingefroren und lediglich bei höheren Autobahngeschwindigkeiten entladen. Man fährt also auf Knopfdruck wirklich einen
normalen Prius, allerdings kann man sich die Eigenschaften zunutze machen und im Gefälle oder beim Herunterbremsen (vor Ortschaften oder auf Autobahnabfahrten zum Beispiel) schnell in den EV-Mode schalten. So wird die Energie durch Rekuperation der verfügbaren restlichen Gesamtreichweite hinzugefügt. So war es mir selbst auf dem Niederrheinischen Flachland möglich, den Leihwagen mit der gleichen Restreichweite wie beim Empfang abzugeben. Bei einem reinen EV-Anteil des Trips von 10%.
Und hier liegt auch der Hase im Pfeffer begraben. Nur 10% EV-Anteil?
Auf dem Land gibt es abgesehen von einigen Dörfern und Kleinstädten hauptsächlich Landstraßen mit über 85km/h und einige Autobahnen. Bei 5,4km Restreichweite habe ich mich dazu entschieden, dass es wenig Sinn macht, diese für den schnellen Betrieb auslutschen und bin quasi hauptsächlich im Hybridmodus unterwegs gewesen und nur durch die Ortschaften im EV-Modus gefahren. Das soll ja auch der Sinn des Systems sein. Interessant hierbei war, dass ich verglichen mit meinem normalen Prius ohne Aufladung einen geringeren Verbrauch hatte. Für diese Route, die eher Hybrid-ungünstig ist, da man oft aus dem Stand wieder auf 100km/beschleunigen muss, bekam ich den Plugin ohne Mühe in den Bereich von 4,5L-Verbrauch, wo ich bei diesem Wetter mit meinem schon Probleme habe, überhaupt die 4 vor dem Komma zu erreichen. Insgesamt blieb der Plugin ohne externe Aufladung ca. 0,5-0,7 Liter unter dem normalen Prius. Und das trotz des leicht höheren Gewichts. Apropos Gewicht: Der Plugin wiegt mit ca. 1500kg etwas mehr als der non-Plugin, aber man merkt das nicht wirklich. Im Gegensatz zum neuen P4 Plugin merkt man vom größeren Akku auch nichts im Innenraum. Bis auf das kleiner gewordene Kellerfach ist der Kofferraum und die Sitzgelegenheit für drei Leute hinten unverändert.
Ohne jetzt den genauen technischen Hintergrund zu kennen, würde ich den geringeren Verbrauch auf das EV-Stacking und damit verbundenen höheren Rekuperation, bzw. leicht höheren Effizienz des Systems zurückführen.
Man fährt also doch einen Prius mit größerem Akku, wenn man so will.
Auch so fährt sich das System ausgewogener, leichter im Elektro-Modus. Kurzum, es macht viel mehr Spaß als ein normaler P3,... solange man Nerd ist.
Ich glaube kaum, dass die meisten Leute im Alltag Lust haben, so sehr auf das System zu achten und damit rumzuspielen. Das ist auch mein Kritikpunkt. Der Plugin ist wenn überhaupt in dieser Ausbaustufe ein milder Plugin. Ich bin mir zwar sicher, dass sich die Ingenieure etwas dabei gedacht hatten, das System so zu konzipieren, wie es ist, aber dennoch erschleicht sich mir der Eindruck, da geht mehr! Wenn man aber genau drüber nachdenkt, so oft wie man bei einem Schaltwagen, irgendwas betätigen muss, so ist zeitweises drücken eines Knopfes noch kein Beinbruch. Für mich persönlich auch ganz interessant, so hat man etwas weniger das Gefühl, bevormundet zu werden und kann sich gezielter eine Taktik zurechtlegen. Man fühlt sich etwas mehr Herr der Lage. Komisch zu beschreiben, vermutlich eher was für Kontrolltypen oder Helikopter-Eltern
Also emotionslos emissionslos?Der Prius 3 Plugin ist in meinen Augen der bessere Prius, aber dennoch eher Pilotprojekt für Betatester. Zudem rechnet sich der Mehrpreis bei der kleinen elektrischen Reichweite und damit relativ geringen Einsparpotenzial zum Vorgänger mehr als überhaupt nicht.
Nach einem kurzen Vorabgespräch denke ich, könnte ich mich auf einen Tausch einlassen, wenn ich ca. 9000€ drauflege. Dann könnte ich auf der Arbeit laden, bekäme so jeden Tag 20km geschenkt, fahre mit weniger Emissionen und bekomme mehr Komfort in Form der leicht besseren Facelift-Abstimmung mit steiferer Karosserie, Abstands-Tempomat, besseren Sitzen und Infotainment. Dafür zwei Jahre länger abbezahlen? Vielleicht ist es mir das wert, noch habe ich mich nicht entschieden.